Im Wald von Washington

PCT Woche 15: Der grüne Tunnel

Posted: 21. März 2023 by Annika

Nach­dem wir Ore­gon auf­grund der Feuer über­sprun­gen haben, um es für später aufzus­paren, set­zen wir an der Gren­ze zu Wash­ing­ton wieder an, unserem zweit­en Staat nach der lan­gen Zeit in Kali­fornien. Unsere erste Woche in Wash­ing­ton führt uns durch eine Art “Grü­nen Tun­nel”. Es beste­ht größ­ten­teils aus Wald, aber einem wun­der­schö­nen Wald, mit eini­gen kurzen Aus­blick­en auf den Mount Hood und Mount Adams.

PCT Tag 85: Einzug nach Washington

Cas­cade Locks (Meile 2148,2) bis Meile 2151,8
6,6km / 1,5h / 183hm 

Nach­dem wir zwei Nächte in Port­land ver­bracht haben, wo wir einige alte Fre­unde wieder­se­hen, nehmen wir den Bus nach Cas­cade Locks im nördlich­sten Teil von Ore­gon. Hier überspan­nt die Bridge of Gods den mächti­gen Colum­bia Riv­er und markiert die Gren­ze zwis­chen Wash­ing­ton und Ore­gon. Wir haben einen ganzen Bun­desstaat über­sprun­gen, sodass dies tat­säch­lich unsere erste Gren­züber­querung zu Fuß ist. Es ist selt­sam, hier zu sein und einige Leute zu sehen, die wir von Anfang an ken­nen und die uns während mein­er Auszeit vom PCT auf­grund der Ver­let­zung über­holt haben. Alle scheinen sich hier zu ver­sam­meln, da sie Ore­gon über­sprun­gen oder nur Teile davon gelaufen sind. Außer­dem ste­hen bald die PCT Days in Cas­cade Locks an.

Wir hän­gen eine Weile im Gras herum und gön­nen uns ein Eis von dem Laden, an dem Cheryl Strayed ihre Wan­derung been­det hat, bevor wir am späten Nach­mit­tag losziehen. Dann über­queren wir die Brücke, so ein ikonis­ch­er Moment. Wir haben es uns anders vorgestellt, aber so ist es nun mal. Es gibt sel­ten Jahre, in denen Thru-Hik­er eine kom­plette Durch­wan­derung bis nach Kana­da machen kön­nen, da die Wald­brände im Hochsom­mer beginnen.

Die Brücke markiert auch den tief­sten Punkt auf dem Weg mit 24m. Die Über­querung ist etwas beängsti­gend, da man durch das Git­ter bis zum weit unten liegen­den Fluss sehen kann und es keinen Gehweg gibt. Aber die Autos fahren langsam, ich denke, sie wis­sen Bescheid über uns Wan­der­er. Wir machen Fotos, wenn es Momente ohne Verkehr gibt, und gehen dann auf einem Pfad weit­er, der neben der Straße bergauf führt, und unter­wegs süße Brombeeren bietet.

Wir wan­dern durch einen wun­der­schö­nen Wald und erre­ichen unseren Camp­ing­platz für heute Abend an einem kleinen See. Wir haben heute nur 3,7 Meilen zurück­gelegt, aber das ist in Ord­nung. Ich liebe es, wieder mit Squig­gles zu wan­dern, nach­dem wir uns einen Monat lang nicht gese­hen haben. Unsere kleine Trail-Fam­i­lie kommt wieder zusammen.

PCT Tag 86: Der härteste Tag seit ich zurück auf dem PCT bin

Meile 2151,8 bis Meile 2173
34,3km / 9h / 1.975hm

Heute gilt es viele Höhen­meter zu bewälti­gen. Wir begin­nen unseren ersten Auf­stieg am Mor­gen und über­winden dabei mehr als 1.000 hm. Gele­gentlich erhaschen wir Blicke auf den Mount Hood in der Ferne, aber haupt­säch­lich geht es durch den dicht­en grü­nen Wald mit viel Moos und Farn, was mich an Neusee­land erin­nert. Am höch­sten Punkt machen wir eine Mit­tagspause, bevor wir wieder den gesamten Weg hin­un­terge­hen, nur um danach unseren zweit­en großen Auf­stieg des Tages zu bewälti­gen. Es sind viele Wan­der­er hier unter­wegs, beson­ders im Ver­gle­ich zur let­zten Woche, als wir am Ende aller Grup­pen waren. Jet­zt sind wir genau in der Mitte davon. Gestern haben wir einen Wan­der­er getrof­fen, der uns erzählte, dass er jeden Tag etwa 150 Wan­der­er sieht und dass es schwierig sein wird, in den kleinen Läden der Städte am PCT Essen­snach­schub zu bekommen.

Die Höhen­meter sum­mieren sich und machen es für mich, seit ich wieder auf dem Trail bin, zu einem ziem­lich anstren­gen­den Tag. Außer­dem gibt es heute viele umgestürzte Bäume, bei denen wir entschei­den müssen, ob wir darunter kriechen oder darüber klettern.

Wir ver­suchen, zu einem Lager­platz zu gelan­gen, der als “episch” beschrieben wird, also kämpfen wir uns den Auf­stieg zu diesem Platz hoch. Ein klein­er Abstech­er führt uns steil den Hügel hin­auf zu einem Platz mit ein­er fan­tastis­chen Aus­sicht auf Mount Hood, Mount Adams und die anderen umliegen­den Berge. Wir schlafen unter freiem Him­mel, haben alles für uns allein und zählen Sternschnuppen.

PCT Tag 87: Fauler Tag

Meile 2173 bis Meile 2186,7
22,7km / 5h / 585hm

Am näch­sten Mor­gen nehmen wir uns Zeit, bevor wir mit dem Wan­dern begin­nen. Der Camp­ing­platz ist so schön, dass es leicht ist, hier Stun­den zu ver­brin­gen und die Wärme der Sonne zu genießen. Wir haben ziem­lich viel Kon­den­sa­tion am Mor­gen und trock­nen unsere Schlaf­säcke in der Sonne. Nach dem großen Tag gestern haben wir heute einen faulen Tag. Wir machen nicht viele Kilo­me­ter, aber wir genießen es sehr.

Der Weg geht größ­ten­teils bergab, bis wir eine Brücke erre­ichen und kurz danach unser erstes Mal Trail Mag­ic in Wash­ing­ton erleben. Gob­let macht gegrillte Käs­esand­wich­es und es gibt kalte Getränke und Chips. Wir haben nur 7,5 km zurück­gelegt, um hier­her zu gelan­gen, aber es ist die richtige Zeit für Mit­tagessen. Also bleiben wir hier eine ziem­lich lange Zeit.

Dann machen wir uns auf den Weg zum Wind Riv­er, wo wir wieder anhal­ten, um zu baden. Es ist schon spät am Nach­mit­tag, als wir weit­er­ma­chen. Wir stoßen auf weit­ere Straßen und dann einen weit­eren Fluss, wo wir Wass­er für den wasser­losen Auf­stieg den Hügel hin­auf bekom­men. Wir wollen ein Stück den Berg hin­aufge­hen, um die Hälfte des Auf­stiegs für mor­gen zu erledi­gen. Ich hoffe auch, dass nicht so viele Leute da sind, da es dry Camp­ing ist.

Wir sind ziem­lich schnell auf dem Weg den Berg hin­auf, aber als wir am Camp­ing­platz ankom­men, füllen bere­its fünf Zelte den Platz aus. Ein Stück die Schot­ter­straße hin­auf find­en wir noch ein paar Plätze, aber es ist sehr schw­er, die Zeltheringe hier in den harten Boden zu bekom­men. Wir fra­gen uns, ob das nun nor­mal ist, da der Zelt­platz in der ersten Nacht auch ziem­lich voll war. Gestern war nie­mand da, was sehr über­raschend war. Vielle­icht weil es haupt­säch­lich ein Cow­boy-Camp­ing­platz war.

PCT Tag 88: Unangemessenes Verhalten

Meile 2186,7 bis Blue Lake (Meile 2206,2)
31,4km / 7h / 1.250hm

PCT Tag 89: Wiedervereinigung

Blue Lake (Meile 2206,2) bis Mos­qui­to Creek (Meile 2219,6)
22km / 4,5h / 362hm 

Am näch­sten Mor­gen will ich ein­fach nur weg von hier. Ich gehe zu Squig­gles, um nach ihr zu sehen und da zu sein, bevor sie aufwacht, um vielle­icht zu pinkeln. Aber ich wollte sie nicht erschreck­en, also sage ich ihr nichts und tue so, als sei alles nor­mal. Plöt­zlich scheint alles, was ein­mal eine nor­male Frage wie “Wo geht ihr heute Abend hin?” war, gruselig zu sein. Es dauert eine Weile, bis wir loskom­men und ich füh­le mich sehr unwohl. Ich bekomme starke Angst­ge­füh­le und muss ein Stück wegge­hen, um aus der Sit­u­a­tion her­auszukom­men. Eigentlich wäre ich gerne noch eine Weile hier geblieben und schwim­men gegan­gen, aber nicht zusam­men mit diesem Kerl.

Als wir endlich loskom­men, bin ich erle­ichtert und kann es kaum erwarten, ein paar Meilen zwis­chen uns und ihm zu haben. Inzwis­chen hat Pop­eye Squig­gles von dem Vor­fall erzählt. Zum Glück war sie nicht verängstigt und sehr verständnisvoll.

Was wir daraus gel­ernt haben, ist, dass man nicht jedem ein­fach ver­trauen kann und dass man ein Code­wort braucht, das man sagen kann, wenn sich die Sit­u­a­tion für einen von uns in eine selt­same Rich­tung entwick­elt. Wir haben ein gutes Wort gefun­den, das man in einem Satz ver­wen­den kann, das aber nor­maler­weise nicht in der Welt des Fer­n­wan­der­wegs benutzt wird. Ich füh­le mich jet­zt ein wenig bess­er, aber ich hoffe, wir wer­den es nicht brauchen. Außer­dem ist es immer bess­er, in ein­er Gruppe zu sein.

Ich glaube, einige von euch mögen denken, dass es nicht so schlimm ist, da nichts wirk­lich passiert ist. Aber wenn etwas passiert, ist es in der Regel zu spät. Also ver­traut euren Gefühlen. Und sucht keine Ausre­den, um das unangemessene Ver­hal­ten von jeman­dem zu recht­fer­ti­gen. Wenn ihr euch unbe­haglich fühlt, gibt es nor­maler­weise einen Grund dafür. Und Jungs, es ist nicht okay, einem Mäd­chen nachzuge­hen, das pinkelt. Gebt ihr etwas Raum.

Wir wan­dern nicht lange, bis Shark­bait uns find­et, der durch die Sier­ra und Teile Nord­kali­forniens Mit­glied unser­er Gruppe war. Es stellt sich her­aus, dass er mit dem Solowan­dern fer­tig ist und wieder unser­er Gruppe beitreten möchte. Es ist schön, alle wieder zusam­men zu haben.

Wir kom­men nach 5,5 km zu einem anderen See, dem Bear Lake, bleiben dort ein paar Stun­den und gehen schwim­men. Es ist per­fekt. Nun ja, abge­se­hen von den Fliegen, die beißen. Es sind keine Brem­sen, sie sehen wie nor­male Fliegen aus, aber sie beißen. Das habe ich noch nie zuvor erlebt. Sie ver­fol­gen uns seit gestern. Wenig­stens gibt es fast keine Mücken.

Wir beschließen, heute nicht mehr viel zu wan­dern. Wir wan­dern nur weit­ere 10 Meilen, bis wir zur näch­sten Wasserquelle gelan­gen und dort camp­en. Es war heute eine entspan­nte Wan­derung mit nur wenig Höhe­nun­ter­schied, aber ich füh­le mich nicht sehr gut. Den ganzen Tag wan­dern wir durch einen grü­nen Tun­nel und kön­nen nur zweimal die Spitze des Mount Adams zwis­chen den Bäu­men schim­mern sehen. Die Fliegen sind auch schon am Camp um uns aufzulauern.

Alle sagen immer, dass ich so schnell mein Zelt auf­baue, also nehmen wir die Zeit auf, die ich dafür brauche. Gerüchte über einen Zeltauf­bau-Wet­tbe­werb auf den PCT Days gehen um und vielle­icht habe ich eine Chance. Ich denke, es würde unter 5 Minuten dauern, aber tat­säch­lich dauert es nur 1,5 Minuten, bis das Zelt ste­ht. Ich bin ziem­lich stolz darauf.

PCT Tag 90: Zurück in der Zivilisation

Mos­qui­to Creek (Meile 2219,6) bis FS Road 23 (Meile 2229,9)
16,5km / 3,5h / 491hm

Es bleibt nicht mehr viel von der Straße bis zur Stadt übrig heute. Der erste Teil ist größ­ten­teils flach und es gibt einen kurzen Moment, in dem wir zwis­chen den Bäu­men die schneebe­deck­te Spitze des Mount Adams sehen kön­nen, was das High­light des Tages ist. Dann begin­nen wir einen Auf­stieg ohne jede Beloh­nung am höch­sten Punkt, es ist immer noch ein grün­er Tun­nel. Wir erre­ichen die Straße, die sehr ein­sam ist. Einige andere Wan­der­er haben sich bere­its ver­sam­melt und glück­licher­weise gibt es ein Shut­tle, der Wan­der­er in die Stadt Trout Lake fährt. Per Anhal­ter zu fahren scheint hier schwierig zu sein.

Wir kön­nen fünf von uns in den hin­teren Teil des Shut­tles und fünf in den vorderen Teil quetschen. Trout Lake ist eine sehr wan­der­erfre­undliche Stadt. Es gibt mehrere Camp­ing­plätze, die Men­schen sind sehr fre­undlich und es gibt Duschen, eine Waschmas­chine und einen großar­ti­gen Taco-Truck. Wir camp­en hin­ter dem Gen­er­al Store, wo min­destens vier Katzen herum­stre­unen. Lei­der habe ich meine Wan­der­stöcke unwissentlich bei einem Haufen kaput­ter Trekkingstöcke liegen lassen, die von anderen Wan­der­ern zurück­ge­lassen wur­den. Jemand hat einen mein­er Stöcke auseinan­dergenom­men und mich mit nur noch einem funk­tion­ieren­den Trekking­stock zurück­ge­lassen. Ich kann ihn aber mit einem anderen Stock erset­zen. Sie sind nun zwar unter­schiedlich, aber funk­tion­ieren. Und darauf kommt es ja an.

PCT Days

Am näch­sten Tag bekom­men wir mor­gens eine Mit­fahrgele­gen­heit nach Hood Riv­er, wo wir bei Wal­mart Vor­räte besor­gen. Es gibt einen Bus nach Cas­cade Locks, wo wir rechtzeit­ig zu den PCT Days ankom­men, einem Fes­ti­val für PCT-Wan­der­er, wo sich alle tre­f­fen. Ich tre­ffe einige Leute, die ich schon lange nicht mehr gese­hen habe, und es ist schön, sich zu unter­hal­ten. Außer­dem kann man Aus­rüs­tung kaufen oder sog­ar gewin­nen. Ich hat­te kein Glück, aber ich kaufe neue Shorts und Einlegesohlen.

PCT Woche 16: Ein­tauchen in die Wild­nis Washingtons

 

No Comments

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

This site uses Akismet to reduce spam. Learn how your comment data is processed.